Es ist eine bittere Realität: Unsere Abhängigkeit von den USA zeigt sich darin, dass eine Präsidentschaftswahl am anderen Ende des Atlantiks spürbare Auswirkungen auf unser Leben in Europa hat. Besonders betroffen ist ein Bereich, der längst unser tägliches Leben und die Wirtschaft durchdrungen hat – die sozialen Medien.
Die Handvoll Plattformen, die die Welt regieren
Unsere Werbestrategien und Kommunikationswege hängen von Plattformen ab, die fast ausnahmslos in den Händen einiger weniger Milliardäre liegen: Musk hat X (ehemals Twitter), Zuckerberg hat Meta (Instagram und Facebook), Bezos kontrolliert Twitch (eine Amazon-Tochter) und China dominiert weiterhin mit TikTok – zumindest vorerst. Denn TikTok hat in den USA nur noch wenige Tage, um sich an ein amerikanisches Unternehmen zu verkaufen oder mit einer Sperre zu rechnen.
Die Konzentration von Macht ist offensichtlich: Ein kleiner Kreis von Superreichen hat potenziellen Einfluss auf mehr als 5,6 Milliarden Menschen weltweit. Diese Macht wird besonders beunruhigend, wenn einige dieser Milliardäre keine Scheu zeigen, offen hinter einen orangefarbenen Neo-Faschisten zu stehen – und damit eine Ideologie unterstützen, die Hass und Spaltung fördert.
Europas verpasste Chancen und Risiken
Und Europa? Wir agieren zwischen Zurückhaltung und Abhängigkeit. Auf der einen Seite sehen wir ein Erstarken rechter Kräfte in fast allen Ländern, die Hass, Hetze und Gewaltaufrufe zunehmend als Meinungsfreiheit deklarieren. Auf der anderen Seite haben wir es nicht geschafft, eine eigenständige, europäische Alternative zu den US-amerikanischen und chinesischen Plattformen aufzubauen.
Diese Alternativlosigkeit ist besonders im Marketing ein Desaster. Unternehmen, die auf Werte wie Toleranz, Vielfalt und Nachhaltigkeit setzen, finden kaum mehr Plattformen, auf denen sie diese Werte authentisch und ohne Kompromisse vertreten können. Meta war lange Zeit die letzte Bastion, nachdem Musk den Werbewert von Twitter durch seinen Alleingang ruiniert hat. Doch selbst diese Position hat Meta durch die jüngsten Handlungen und Aussagen von Zuckerberg verloren.
Digital Services Act: Hoffnung oder Illusion?
Die EU hat mit dem Digital Services Act (DSA) einen Versuch gestartet, die Macht der Tech-Giganten einzuschränken und klare Regeln für Transparenz und Verantwortlichkeit aufzustellen. Doch die eigentliche Bewährungsprobe kommt erst noch. Bereits jetzt wird in den USA auf Trump gesetzt – nicht zuletzt, um die großen Technologiekonzerne vor zu strengen Sanktionen der EU zu schützen.
Die Frage ist: Hat die EU aus der letzten Amtszeit gelernt? Wird sie standhaft bleiben und die Rechte ihrer Bürgerinnen und Bürger wirklich schützen? Oder werden wir erneut erleben, wie internationale Konzerne und politische Strategien unsere Regulierungen aushebeln?
Zeit für eine europäische Lösung
Es ist klar: Europa braucht eine eigene Alternative. Eine Plattform, die unsere Werte widerspiegelt, unabhängig von ausländischer Einflussnahme agieren kann und den Unternehmen wie auch den Menschen eine echte Option bietet. Doch dafür braucht es Mut, Innovation und ein klares politisches Bekenntnis zu digitaler Souveränität.
Die nächsten zwei Jahre werden zeigen, wie widerstandsfähig wir als europäische Gemeinschaft sind. Die Angriffe werden kommen – sei es durch politische Umwälzungen, wirtschaftlichen Druck oder digitale Manipulation. Es liegt an uns, ob wir darauf vorbereitet sind oder weiterhin zwischen fremden Interessen zerrieben werden.