Die Entwicklungen in der Social-Media-Welt sind derzeit von Unsicherheiten und Umbrüchen geprägt. Plattformen wie Instagram, Facebook, TikTok und X (ehemals Twitter) stehen unter verstärkter Kritik – sei es wegen Datenschutzbedenken, politischer Einflussnahme oder der zunehmenden Kommerzialisierung. Inmitten dieses Spannungsfelds sehnen sich viele Nutzerinnen und Nutzer nach einer Alternative, die auf Werte, Fairness und User-Orientierung setzt. Eine dieser Alternativen, die zuletzt verstärkt Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist Bluesky.
Was macht Bluesky besonders?
Bluesky erinnert in seiner Struktur an das „alte Twitter“ – kurze Nachrichten, unkomplizierte Diskussionen, keine überwältigende Bildlast. Doch die Plattform hat ein Alleinstellungsmerkmal: Sie ist dezentral organisiert. Nutzerinnen und Nutzer entscheiden beim Einrichten ihres Kontos, wo ihre Daten gehostet werden sollen. Diese Dezentralität soll nicht nur die Kontrolle der User stärken, sondern auch eine Übernahme durch Großinvestoren erschweren – ein klarer Gegensatz zur zentralisierten, kapitalgetriebenen Welt von Meta oder X.
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal: Bluesky ist werbefrei. Die Plattform setzt stattdessen auf alternative Finanzierungsmodelle wie Abonnements, Spenden und Zusatzfunktionen. Das Ziel ist ein „reines“ Nutzungserlebnis ohne die störenden Einflüsse der Werbewirtschaft. Dies dürfte Unternehmen, die von massiver Reichweite und Werbung profitieren wollen, abschrecken – doch für werteorientierte Organisationen bietet sich hier eine Chance, als Vorreiter aufzutreten.
Werte als strategischer Vorteil
Gerade Unternehmen, die sich Transparenz, Toleranz und Nachhaltigkeit auf die Fahnen schreiben, können von Bluesky profitieren. Durch einen gezielten Wechsel auf Plattformen wie Bluesky signalisiert man klar: „Wir unterstützen die Werte der Gemeinschaft und möchten nicht Teil der toxischen Entwicklungen auf anderen Plattformen sein.“ Ein direkter Austausch mit Zielgruppen, die genau diese Werte schätzen, könnte zu einer stärkeren Kundenbindung führen.
Insbesondere für mittelständische Unternehmen bietet diese Strategie ein enormes Potenzial, sich als Pioniere im digitalen Raum zu positionieren.
Die EZB und prominente Unterstützer auf Bluesky
Bluesky erhält nicht nur von Nutzern Zuspruch, sondern auch von einflussreichen Organisationen und Prominenten. Die Europäische Zentralbank (EZB) startete im Januar 2025 ihre Aktivitäten auf der Plattform. Laut EZB-Sprecher Philip Lane geht es um eine Diversifizierung der Social-Media-Präsenz, weg von Plattformen, die als toxisch wahrgenommen werden. Gleichzeitig wollen die flämischen Grünen als erste politische Partei in Belgien ihren X-Account löschen und ausschließlich auf Bluesky aktiv sein. Sie kritisieren die politische Einflussnahme durch Elon Musk und sehen Bluesky als sicheren Hafen für respektvolle Kommunikation.
Die Plattform verzeichnete in den letzten Monaten ein rasantes Wachstum, besonders nach der Wiederwahl Donald Trumps und seiner kontroversen Unterstützung durch Elon Musk. Über 2,5 Millionen neue Nutzer schlossen sich der Plattform in der Woche nach der Wahl an.
„Free Our Feeds“ – Eine Vision für ein unabhängiges Social Web
Bluesky wird zunehmend zum Symbol für die Idee eines offenen, dezentralen Internets. Die Initiative „Free Our Feeds“ verfolgt das Ziel, ein Ökosystem sozialer Netzwerke aufzubauen, das vor der Kontrolle durch Milliardäre geschützt ist. Prominente wie Jimmy Wales (Wikipedia-Gründer) und Mark Ruffalo unterstützen die Bewegung. Langfristig soll ein Netzwerk entstehen, das interoperabel mit anderen offenen Plattformen wie Mastodon ist.
Ein Blick in die Zukunft
Trotz des Wachstums hat Bluesky mit derzeit 27 Millionen Nutzerinnen und Nutzern noch einen weiten Weg vor sich, um mit Giganten wie X (317 Millionen Nutzer) oder Threads (252 Millionen Nutzer) zu konkurrieren. Die Regulierungsbehörden der EU bemängeln zudem fehlende Transparenz bei Nutzerzahlen in Europa. Doch die Plattform könnte sich als Nischenprodukt für eine anspruchsvollere, werteorientierte Zielgruppe etablieren.
Für Unternehmen, politische Organisationen und private Nutzerinnen und Nutzer, die sich nach einem ungestörten, authentischen Online-Erlebnis sehnen, bietet Bluesky eine echte Alternative. Die Frage ist nur: Wer traut sich als erstes, den Sprung in den „blauen Himmel“ zu wagen?